In diesem Artikel erklären wir, was wirtschaftliche Burggräben sind und welche Kategorien es gibt.Was ist ein wirtschaftlicher Burggraben und was ist eine Burggraben Aktie?
Ein wirtschaftlicher Burggraben ist ein Wettbewerbsvorteil, den ein Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen besitzt. Dieser Wettbewerbsvorteil sorgt dafür, dass die Kunden eines Unternehmens nicht zur Konkurrenz abwandern. Durch einen Burggraben können Unternehmen sehr lange hohe Margen erwirtschaften und sind über Jahrzehnte sehr erfolgreich in ihrem Segment. Burggraben Aktien sind bei langfristigen Investoren sehr beliebt, da sie häufig ihre Gewinne sehr stabil steigern können. Gerade durch diese Stabilität bewerten Aktionäre diese Unternehmen häufiger mit einem höheren KGV.
Welche Burggräben gibt es?
Es werden zwischen verschiedenen Burggräben unterschieden. Häufig unterteilt man Burggräben in vier Kategorien: Immaterielle Güter, Wechselkosten, Größenvorteile und Kostenvorteile. Hin und wieder spricht man auch von einem weichen Burggraben, das sind dann Burggräben, die z. B. dem Management oder der Unternehmensphilosophie geschuldet sind.
Immaterielle Güter
Burggräben, die auf immaterielle Güter zurückzuführen sind, sind meistens Marken oder Patente.
Patente:
In der Pharmaindustrie sind es sehr häufig Patente, die großen Pharmakonzernen dabei helfen, dass sie über Jahrzehnte das einzige Unternehmen sind, das ein bestimmtes Medikament verkaufen darf. Aus diesem Grund sind bei guten Pharmakonzernen die Margen sehr häufig über 30 %. Wenn ein Medikament einmal entwickelt wurde, dann kann es über mehrere Jahre, oft sogar Jahrzehnte, verkauft werden. Wenn die Nachfrage bei einem Medikament sehr hoch ist, hat ein Pharmakonzern eine Goldmine für sich gefunden. Wenn Patente einen Burggraben bilden, dann besteht häufig die Angst davor, was passiert, wenn die Patente auslaufen. Die Pharmakonzerne müssen dann neue Medikamente entwickeln und diese wieder schützen lassen. Das stellt die Unternehmen oft vor große Herausforderungen und macht sich manchmal auch am Aktienkurs bemerkbar. Bei großen Pharmakonzernen ist das unserer Meinung nach nur bedingt ein Problem. Diese haben oft genug Manpower, um ausreichend Produkte zu entwickeln, um nachhaltiges Wachstum zu erzeugen. Problematisch sind eher kleinere Pharmaunternehmen, die nur ein gutes Medikament bzw. Patent haben. Diese bekommen es nicht ständig hin, nachhaltiges Wachstum bzw. ausreichend gute Produkte zu entwickeln.
Was passiert, wenn ein Patent abläuft? Es gibt Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, abgelaufene Patente zu nutzen, um günstig Medikamente herzustellen. Diese Medikamente nennt man Generika. Die Medikamente werden viel günstiger produziert und günstiger verkauft. Diese Unternehmen vertreiben die Generika oft in ärmeren Ländern, die bislang keinen Zugang zu diesen Medikamenten hatten. Das Geschäftsmodell entwickelt sich dann von einem qualitativen zu einem quantitativen Geschäftsmodell. Das gibt anderen Unternehmen eine Chance. Die ursprünglichen Entwickler der Medikamente müssen wieder neue Produkte entwickeln, da diese unter den fallenden Preisen leiden. Patente gibt es natürlich auch in anderen Branchen, aber besonders in der Pharmaindustrie haben sie eine große Relevanz.
Marken:
Eine Marke kann ebenfalls einen Burggraben bilden. Marken gibt es sehr häufig bei Konsumgütern. Bei einer Marke sind Kunden bereit, mehr Geld für ein bestimmtes Produkt auszugeben als für ein Konkurrenzprodukt. Durch diese Bereitschaft können Markenhersteller höhere Margen erzielen. Das Markengeschäft birgt jedoch auch die Gefahr, dass Kunden abwandern. Bei Marken entsteht der Mehrwert im Kopf der Kunden.
Eine bestimmte Marke vermittelt einen Status oder sie adressiert eine bestimmte Gruppierung z. B. Sportler. Sollten sich die Interessen der Kunden ändern, entstehen meistens keine Wechselkosten, ein anderes Produkt zu kaufen. Eine weitere Herausforderung sind schlechte Kundenerlebnisse. Wenn ein treuer Kunde einer Marke eine schlechte Erfahrung macht, dann wird er diese schlechte Erfahrung auf diese Marke projizieren, das kann dafür sorgen, dass er in Zukunft einer anderen Marke sein Geld anvertraut. Geschäfte mit Endverbrauchern können häufig auf einer sehr fragilen geschäftlichen Verbindung basieren. Bei Luxusgütern gibt es eine weitere Herausforderung. Luxusgüter vermitteln immer einen Status und sorgen dafür, dass sich Kunden durch den Kauf eines Luxusguts gesellschaftlich abheben. Für Luxusmarken besteht hier die Herausforderung, nachhaltig genügend Kunden zu finden, die sich diese Produkte leisten können. Luxusgüter können nicht günstiger gemacht werden, sonst schadet es der Marke und sie vermittelt nicht mehr den gewünschten Status. Wohlhabende wachsen leider nicht auf Bäumen.
Es gibt sehr viele Aktionäre, die gerne in Markenaktien investieren. Das liegt sicherlich auch daran, dass es sehr leicht ist, Markenprodukte wahrzunehmen. Wir müssen nur einmal durch eine Einkaufspassage laufen und können sehen, was die Menschen sich kaufen. Wir bekommen schnell eine messbare Referenz zu unseren Aktien und das gibt uns ein tolles Gefühl. Jedoch spart der Mensch auch an erster Stelle da, wo es ihm nicht weh tut und das könnten eben Markenprodukte sein. Eine andere Sichtweise wäre aber auch: Wir bleiben unseren Markenprodukten treu und gönnen uns den teuren Premiumkaffee von der größten Kaffeekette. Hier muss jeder selbst entscheiden. Wie heißt es so schön: Wer die Marken hat, hat die Märkte.
Wechselkosten
Unter Wechselkosten versteht man Kosten, die entstehen, wenn ein Unternehmen ein Produkt oder einen Lieferanten wechseln möchte. Häufig sind die Kosten dann so hoch, dass man sich entscheidet, beim ursprünglichen Lieferanten zu bleiben. Erhöhte Wechselkosten tauchen vermehrt im B2B Bereich auf, aber auch vereinzelt im Konsumbereich. Um Wechselkosten zu erzeugen, müssen Unternehmen zunächst gute Produkte anbieten. So werden zunächst Kunden akquiriert.
Die Produkte und Lösungen des Unternehmens werden dann stetig verbessert und auf Kundenprobleme zugeschnitten. Die Kunden bekommen herausragende Produkte oder Dienstleistungen und können selbst effizienter arbeiten. Nach und nach bildet sich ein proprietäres Ökosystem um die Produktpalette des Lieferanten. Es sind nicht nur die Produkte und Dienstleistungen, die sehr gut miteinander interagieren, häufig ist auch das Personal bereits auf die Software und Produkte geschult. Von diesem Zeitpunkt an würden bei dem Wechsel des Lieferanten enorme Wechselkosten entstehen. Sämtliches Personal müsste umgeschult werden, teilweise müsste das operative Geschäft stillgelegt werden etc. Diese enorm hohen Kosten führen dazu, dass Kunden Preissteigerungen kommentarlos annehmen. Was letztendlich dazu führt, dass der Lieferant der Produkte und Dienstleistungen stetig seine Gewinne steigern kann. Vereinzelt gibt es Situationen, da werden die Preise so dermaßen in die Höhe getrieben, dass Kunden abspringen.
Das passiert, wenn die Wechselkosten nicht hoch genug sind. Ein weiteres Risiko eines Wechselkosten-Burggrabens entsteht, wenn die bestehende Technologie überholt ist. Dann fangen Kunden an, den Lieferanten/die Dienstleistung zu wechseln, da die neuere Technologie mehr Vorteile liefert als die bestehende. Wechselkosten-Burggräben sind häufig sehr groß und sorgen dafür, dass Unternehmen über Jahrzehnte ihre Gewinne steigern können. Gerade weil die Gewinne sehr stabil gesteigert werden können, werden diese Unternehmen häufig mit einem teureren KGV bewertet. Hierzu gibt es ein schönes Zitat von Warren Buffett: „Price ist what you pay, value is what you get“. Demnach kann man für herausragende Unternehmen gerne mal etwas mehr bezahlen!
Größenvorteile
Spielt die Größe eine Rolle? Ja, im Businessbereich auf jeden Fall. Große Unternehmen haben oft in vielerlei Hinsichten Vorteile, können aber auch Nachteile haben, was wir ebenfalls in diesem Abschnitt erläutern werden. Gehen wir zunächst auf die Vorteile ein. Große Unternehmen können ihre Größe nutzen, um andere Wettbewerber preislich zu unterbieten. Was sich ein Gigant leisten kann, kann den kleinen Mitbewerber langfristig in den Ruin treiben. Gerade in wirtschaftlich schwachen Zeiten führt das zur Konsolidierung einzelner Branchen. In dieser Phase kaufen große Unternehmen kleinere Unternehmen auf und integrieren diese in ihr bestehendes Unternehmen. Ein weiterer Aspekt ist das Vertriebsnetz großer Unternehmen. Selbst wenn ein großes Unternehmen einen „Trend“ verpasst, kann es einiges an Zeit aufholen, da es schon bestehende Geschäftsbeziehungen, ein gutes Vertriebsnetz und eine funktionierende Infrastruktur hat.
Handelt es sich um ein Unternehmen, das keine physikalischen Produkte anbietet, können Größenvorteile anders genutzt werden.
Es gibt Dienstleistungen, die nur ab einer bestimmten Größe funktionieren. Somit funktioniert ein Online-Auktionshaus nur, wenn genügend Leute sich auf dieser Plattform befinden. Selbiges gilt für soziale Netzwerke oder andere Plattformen, die auf eine große Menge von Menschen angewiesen sind. In solchen Fällen gibt es häufig nur einen Big Player, dieser zieht automatisch alle Nutzer an, da auf einer großen Plattform am Ende mehr los ist, als auf vielen kleinen. Hier spricht man häufig von der „kritischen Masse“, die erreicht werden muss, um alle anderen Plattformen obsolet zu machen.
Ein weiteres Beispiel für diesen Netzwerkeffekt sind Kreditkarten, denn wir nehmen automatisch nur Kreditkarten an, die wir bei uns in der Region oder weltweit nutzen können. Sonst liefern uns die Kreditkarten keinen Mehrwert.
Was sind die Gefahren bei großen Unternehmen? Große Unternehmen lassen sich sehr selten vom Markt verdrängen. Gerade weil sie die oben angesprochenen Vorteile genießen können. Aber in seltenen Fällen passiert es eben doch, dass große Unternehmen vom Markt verschwinden und das geht manchmal schneller als wir uns das vorstellen können. Auf die Dauer müssen sich große Unternehmen spezialisieren. Das wird gemacht, um die Produktionsmenge zu erhöhen und weil die Produkte stetig verbessert werden müssen. Sie setzen ihr gesamtes Kapital ein, um ihr bestehendes Geschäft zu verbessern und wachsen zu lassen. Leider besteht dann die Gefahr, dass übergeordnete Trends oder sogar ganze Technologiesprünge verpasst werden. Dieses Phänomen nennt sich „Innovators Dilemma“, was besonders vom Autor Clayton M. Christensen untersucht worden ist. Hierzu folgt ein gesonderter Artikel, da es sonst den Rahmen sprengen würde. Letztendlich führt dieses Dilemma dazu, dass große Unternehmen an ihrem bestehenden Geschäftsmodell festhalten, weil sie nicht die richtigen Ressourcen haben, um diese neue Technologie zu erforschen. Gerade auch, weil Aktionäre stets steigende Gewinne verlangen und ungern erhöhte Kosten sehen!
Wie kann man sich dagegen schützen? Als Aktionär ist es zunächst wichtig zu verstehen, womit ein Unternehmen Geld verdient. Dadurch können wir die Relevanz der Produkte langfristig einschätzen. Aber allem voran zählt hier das Management, welches bereit ist, auch Geld zu investieren, um neue Technologie zu erforschen. Denn nur diese bringen langfristig das nachhaltige Wachstum!
Größenvorteile bieten oft einen gigantischen Burggraben, gerade weil sie den Markt, in dem sie tätig sind, dominieren können. Leider können sehr große Unternehmen irgendwann nicht mehr wachsen. Für uns Aktionäre sind die besten Unternehmen diese, die in ihrem Segment Marktführer sind, sich aber noch in einem wachsenden Markt befinden! Das führt dazu, dass unsere Unternehmen automatisch überdurchschnittlich wachsen können.
Clayton M. Christensen – The Innovators Dilemma*
Kostenvorteile
Kostenvorteile können nicht nur aufgrund der Größe entstehen. In manchen Situationen gibt es Unternehmen, die es durch ihre Prozesse schaffen, alle anderen Marktbegleiter preislich zu unterbieten. Meistens sind diese Unternehmen in kleinen Nischen tätig. Diese Nische füllen die kleinen Unternehmen komplett aus und werden langfristig zum einzigen Anbieter in dieser Nische. Für große Unternehmen ist diese Nische langfristig nicht interessant, da der potenziell erreichbare Markt für ein großes Unternehmen viel zu gering ist. Bei Nischenanbietern gibt es zwei Szenarien. Es gibt Nischen, die wachsen nicht mehr signifikant, aber eben gerade so, dass das Nischenunternehmen die Gewinne stetig steigern kann. Das kann aber auch irgendwann aufhören! Die Branche Zigaretten ist hier ein gutes Beispiel. Weltweit werden es immer weniger Raucher, aber durch Preiserhöhungen können trotzdem die Gewinne gesteigert werden. Hier stellt sich die Frage, wie lange läuft diese (mittlerweile) Nische noch? Ein anderes Szenario ist, wenn eine Nische am Wachsen ist. Ein Nischenanbieter liefert eine Speziallösung. Nach und nach wächst die Nachfrage an diesem Produkt und aus dem Nischenanbieter wird ein großes Unternehmen. Genau diese Situation ergibt sich bei neuen Technologien, welche zunächst belächelt werden, sich dann aber langfristig durchsetzen. Große Unternehmen verschlafen diese neue Technologie und laufen dann dem Trend hinterher und werden Opfer ihrer Trägheit.
Grundsätzlich sind Nischenanbieter sehr gute Unternehmen für private Investoren. Durch die tendenziell geringere Marktkapitalisierung hat man nicht die Aufmerksamkeit großer Investoren, was auch die Meldungen in der Presse verringert. Nischenanbieter können ihre Gewinne oft überdurchschnittlich steigern. Große Investoren können dort aber kein Geld anlegen, da sie mit 5 Mrd. $ bereits einen Großteil, wenn nicht das ganze Unternehmen kaufen würden. Unterbewertete Nischenanbieter in einem Wachstumsmarkt sind Goldminen für kleine Privatanleger!
Weiche Burggräben
Hin und wieder wird auch von weichen Burggräben gesprochen. Weiche Burggräben beziehen sich dabei auf das Management eines Unternehmens oder eine ganz besondere Unternehmensphilosophie. Durch das zusätzliche Vertrauen in das Management trauen wir einem Unternehmen langfristig mehr zu. Besonders bei Technologieaktien sind Visionäre sehr wichtig, die sich auch trauen, Geld zu riskieren, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. Je reifer ein Unternehmen wird, desto weniger spielt der Visionär eine Rolle. Weiche Burggräben sollten ein Zusatz sein, aber nie ein Hauptargument für ein Investment.
Fazit
Bei der Auswahl von Aktien ist es immer erstrebenswert, in Unternehmen mit einem stabilen und soliden Burggraben zu investieren. Warren Buffett sagt dazu: „Die Zeit ist der Freund der wunderbaren Unternehmen, aber der Feind der mittelmäßigen.“ Deshalb haben auch wir, am liebsten, eine Burggraben Aktie.
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